Als wir nach unserer ersten Nacht auf der Kaffee-Finca in San Andrés morgens verschlafen aufwachten, waren wir vom ersten Blick aus dem Fenster überwältigt: wir schauten auf Berge mit sattgrünen Wäldern, hörten und sahen den Wasserfall der zum Gelände der Finca gehört. Im Vergleich zum sonst so touristischen Costa Rica ist im Dörfchen San Andrés de León Cortés nichts los. Kein Tourist verirrt sich hierher, fast niemand spricht Englisch und wir wurden sofort herzlich aufgenommen.
Das Leben und die Arbeit auf der Kaffee-Finca war für uns bereichernd, entschleunigend und herausfordernd zugleich. Umgeben von Natur, netten Kollegen*innen, die zu Freund*innen wurden, und süßen Hunden tat uns die Zeit dort sehr gut. Auch konnten wir außerhalb unserer Projektarbeit überall körperlich mit anpacken, was rund um die Finca so anfiel: Wir halfen, Bäume zu pflanzen, Trockennetze für den Kaffee zu bauen, Kaffee zu pflücken, zu streichen und so weiter.
Bald lernten wir auch die Schattenseiten des auf den ersten Blick so idyllischen Dorflebens kennen: die Mobilität ist stark eingeschränkt, es gibt nicht genügend Arbeitsplätze, zu geringe Bezahlung und ein Großteil des Dorfes beziehungsweise der Region ist vom Kaffee abhängig – und damit auch von der Entwicklung der Kaffeepreise. Die leider sinken, siehe unser Artikel dazu.
Zum Artikel
Wir waren konfrontiert mit der Abhängigkeit von anderen. Ungewohnt gegenüber unserem sehr selbständigen, selbstbestimmten und flexiblen Leben in Deutschland. Die Regenzeit (bis November) mitzuerleben war manchmal sehr bedrückend, wenn man ohnehin schon eingeschränkt ist und dann nicht einmal das Haus verlassen kann. Was uns besonders berührt und auch die Zeit auf der Finca generell so besonders gemacht hat, waren die wertschätzenden Verbindungen, die wir mit den Menschen vor Ort eingehen durften. Uns ist dabei bewusst geworden, dass wir aus unserer privilegierten Position heraus vorurteilsfrei Freundschaften mit Personen verschiedenster Herkunft eingehen konnten. So haben sich uns gegenüber Menschen geöffnet und wir durften bereichernde neue Dinge lernen – über andere, über uns selbst, über die teils diskriminierende Gesellschaftsstruktur.